Autor Thema: Hamburger Landgericht: Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar  (Gelesen 5030 mal)

Offline Sparky

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Nach mehr als vier Monaten hat das Landgericht Hamburg die schriftliche Begründung seines viel beachteten Urteils zur Forenhaftung (Az. 324 O 721/05) vom 2. Dezember 2005 vorgelegt. Demnach handelt es sich bei Webforen um eine "besonders gefährliche Einrichtung". Derjenige, der eine solche Gefahrenquelle betreibe, sei einer verschärften Haftung unterworfen.

Der bisherigen Rechtsprechung, wonach der Anbieter eines Forums erst ab Kenntnis eines rechtswidrigen Inhalts haftet und nicht zu einer aktiven Suche verpflichtet ist, folgten die Hamburger Richter nicht. Das Bereithalten von Internetforen stelle eine Form unternehmerischen Betriebs dar. Der Betreiber müsse sein Unternehmen so einrichten, dass er mit seinen sachlichen und personellen Ressourcen in der Lage sei, diesen Geschäftsbetrieb zu beherrschen. "Wenn die Zahl der Foren und die Zahl der Einträge so groß ist, dass die Antragsgegnerin nicht über genügend Personal oder genügend technische Mittel verfügt, um diese Einträge vor ihrer Freischaltung einer Prüfung auf ihre Rechtmäßigkeit zu unterziehen, dann muss sie entweder ihre Mittel vergrößern oder den Umfang ihres Betriebs [ ...] beschränken", so das Landgericht Hamburg.

Im vorliegenden Fall sahen das Unternehmen Universal Boards und dessen Geschäftsführer Mario Dolzer ihre Rechte verletzt. Einzelne Forenteilnehmer hatten im Forum zu einem Bericht von heise online über die Geschäftspraktiken von Universal Boards ein Skript veröffentlicht, das geeignet sein soll, den Betrieb von Download-Services dieses Unternehmens zu gefährden. Dessen Rechtsanwalt Bernhard Syndikus verlangte daraufhin per Abmahnung vom Verlag, es zu unterlassen, "an der Verbreitung von 'Leserkommentaren' mitzuwirken, in denen wörtlich oder sinngemäß dazu aufgerufen wird, Dateien, insbesondere das Programm 'k.exe', so oft wie möglich von den Servern meiner Mandantschaft downzuloaden, um die Server meiner Mandanten 'in die Knie zu zwingen'".

Der Verlag löschte umgehend die genannten Forenbeiträge, gab aber die geforderte Verpflichtungserklärung nicht ab, da er seiner Auffassung nach nur bei Kenntnis der potenziell rechtswidrigen Beiträge handeln muss. Obwohl nach der Löschung kein weiterer Beitrag mit einem entsprechenden Aufruf folgte, erwirkte die Universal Boards eine der Unterlassungsaufforderung entsprechende einstweilige Verfügung am Landgericht Hamburg. Den Widerspruch des Verlags gegen diese Verfügung wies das Gericht ab.

Die Kammer sieht den Verlag als so genannten "Störer", weil er über sein Forum die unzulässigen Blockadeaufrufe verbreitet habe. Schließlich sei er in der Lage, die Aufrufe zu unterbinden, indem "die Einträge vor ihrer Freischaltung auf die rechtliche Zulässigkeit ihres jeweiligen Inhalts überprüft werden." Dem Argument des Heise Zeitschriften Verlags, dass eine laufende Kontrolle der Inhalte angesichts von mehr als 200.000 Beiträgen pro Monat nicht zu leisten und damit unzumutbar sei, erteilte das Gericht eine klare Absage.

Nur vage äußerte sich die Kammer zur Frage, ob sich ihre Sichtweise auf jedes Webforum oder nur auf Dienste von Presseorganen bezieht. Sie spricht von derjenigen "Person, die Einrichtungen unterhält, über die Inhalte in pressemäßiger Weise verbreitet werden". Dies gelte "auch für Unternehmen, die Inhalte über das Internet verbreiten." Der Heise Zeitschriften Verlag verbreite in seinem Webforum Äußerungen von Nutzern "pressemäßig". Dies dürfte folglich auf jedes Internet-Forum zutreffen, eine weitere Differenzierung nehmen die Richter zumindest nicht vor.

Sogar bevor die schriftliche Begründung des Urteils vorlag, hatten Rechtsanwälte bereits unter Berufung darauf mißliebige Forenbetreiber kostenpflichtig abgemahnt. Derlei Fälle dürften sich nun häufen. Der Heise Zeitschriften Verlag wird gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. "Eine Vorabkontrolle von Nutzerbeiträgen würde das Ende der gewachsenen Forenkultur in Deutschland bedeuten", kommentierte Verlagsjustiziar Joerg Heidrich: "Unserer Ansicht nach handelt es sich um ein grobes Fehlurteil. Es hätte gravierende Folgen für alle Betreiber von Foren, wenn die Entscheidung Bestand haben sollte." (cp/c't)

Quelle : http://www.heise.de/newsticker/meldung/72026

Gestern stand Jerry noch vor einem Abgrund - heute ist er einen Schritt weiter.
Diese Urteilsberündung könnte zur Folge haben, das einige Foren vorsorglich schließen..........
...bei unseren verantwortungsbewussten Usern mache ich mir da weniger Sorgen.
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DoomWarrior

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Re: Hamburger Landgericht: Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar
« Antwort #1 am: 15. April 2006, 10:05:23 »
ich finde sowas ist totaler Schwachsinn. Ich mein wenn ich eine Parkanlage besitze muß ich doch auch nicht dafür sorgen das dort niemand auf dem Gelände Dorgen verkauft oder was weiß ich anstellt.

Offline Sparky

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Re: Hamburger Landgericht: Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar
« Antwort #2 am: 15. April 2006, 10:08:10 »
Zitat
ich finde sowas ist totaler Schwachsinn.

...stellst Du damit die aktuelle Rechtsauffassung in Frage ?  ;D ;D
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mdjr

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Re: Hamburger Landgericht: Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar
« Antwort #3 am: 15. April 2006, 11:12:18 »
...stellst Du damit die aktuelle Rechtsauffassung in Frage ?  ;D ;D

Hallo

Leider muss das wohl getan werden. Ein neues Gesetz, welches die Verantwortungen im Netz regelt ist dringend notwendig. So ist es laut irgend einem deutschen Verwaltungsgericht nur in Spielcasinos zulässig, öffentliche Internet-Arbeitsplätze aufzustellen! So ein Unsinn ist leider tatsächliche Rechtslage in Deutschland - somit haben Leute, die keinen eigenen Rechner haben, keinen Zugriff auf das Internet.

Von einem neuen Gesetz würde ich mir erhoffen, dass dort geregelt ist, wer was darf, wer welche Pflichten hat und wer für was haftbar ist. Dann hätte Universal Boards wohl nicht Heise, sondern die tatsächlichen Autoren des Aufrufs abgemahnt. Dies hätte für mögliche Nachahmer wohl ebenfalls abschreckende Wirkung gehabt.

Was Herrn Dolzers Vorgehen angeht, finde ich das eine echte Unverschämtheit: Zunächst mit Hilfe des Programms k.exe den DENIC-Server zu überlasten und damit den Betrieb der DENIC in genau der gleichen Art und Weise zu stören, wie es die Autoren des Foren-Beitrages mit Dolzers Server machen wollten. Das ganze allerdings sogar mit kommerziellem Hintergrund. Dann rechtliche Maßnahmen wegen derjenigen Leute einleiten, die im Endeffekt nichts anderes machen, als Dolzer selbst - nämlich fremde Server zu überlasten. (Ich muss hier erwähnen, dass Dolzer den Schaden, den sein Programm anrichtet, im Gegensatz zum Skript im Heise-Forum nicht vorsätzlich anrichtet.)

Auch die Tatsache, Heise wegen Forenbeiträgen zu verklagen, finde ich unverschämt, da in seinen Foren mit Wissen der Moderatoren (!!) ebenfalls illegale Inhalte (pikanter Weise urheberrechtlich geschütztes Material von Heise) lag. (Heise geht seinerseits nun gegen Universal Boards gerichtlich vor.)

Was k.exe angeht finde ich, sollte die DENIC Dolzer verbieten, das Skript k.exe weiterhin einzusetzen und ihm damit drohen, ihm im Wiederholungsfall seine .de-Domains zu entziehen. Außerdem sollte es für alle Websites verpflichtend sein, bereits aufgetretene Unklarheiten bezüglich des Eigentümers sowie einen Wechsel des Domaininhabers auf der Hauptseite zu kennzeichnen. Beispiel:
Zitat
Dies ist das Sun-User-Forum "sonnenblen.de"
Die Seite, die bis Januar 2004 unter "sonnenblen.de" erreichbar war, finden sie jetzt unter: ...
Die Homepage der Firma G. Sonnenblen finden sie unter: ...
Die Homepage des Vereins Sonnenblen e.V. finden sie unter: ...
Dies habe ich bei einigen Firmen bereits gesehen und kostet den Homepage-Betreiber kein Geld. Geschäftsideen wie der von Herrn Dolzer würde es jedoch das Wasser abgraben, die diese meiner Meinung nach nur so lange funktioniert, wie die Nutzer über den tatsächlichen Betreiber der Homepage in Unklarheit gelassen werden.

Martin

Offline Jerry

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Re: Hamburger Landgericht: Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar
« Antwort #4 am: 25. April 2006, 22:07:05 »
Hmm, was die Information über den Betreiber der Seite angeht, sollte ich eigentlich mit den Impressa auf den diversen Websites im grünen Bereich sein - den rechtlichen Anforderungen an ein Web-Impressum genügen sie jedenfalls.

Ich bin in der Tat froh, dass wir es hier mit verantwortungsbewussten Usern zu tun haben - wenn ich mir die mitunter auftretenden Troll-Wellen im heise-Forum anschaue, frage ich mich, wofür da überhaupt eine Registrierungsfunktion aufgesetzt wurde - sie schreckt weder ab, noch haben Troll-Posts irgendwelche Konsequenzen - zumindest keine wahrnehmbaren...

Aber das ist deren Problem. Die Philosophien können und dürfen unterschiedlich sein. Ich hab's lieber so, wie wir das hier handhaben.

Ich weiss nicht was die zitierten Verweis-Beispiele mir jetzt sagen sollen - es gab nie eine sonnenblen.de vor sonnenblen.de, und das alte Design ist genau wie andere alte Designs dem Wandel der Zeit zum Opfer gefallen. Sonstige nennenswerte Inhalte sind aber sämtlich verblieben. Also auch hier keine Probleme. Oder versteh ich grad was falsch?

Gruß

Jerry
Gereon 'Jerry' Stein
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Offline Jonny

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Re: Hamburger Landgericht: Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar
« Antwort #5 am: 25. April 2006, 22:45:48 »
Das Zitat sollte wohl ein "geschmacksneutrales" Beispiel sein wie so was aussehen könnte.
Siehe die diversen Musterfrauen/Mustermänner auf abgedruckten Ausweisen/Keditkarten und sonst was.

Gruß
Jonny
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